16.09.2022, von Barbara Streit

Reform der Verrechnungssteuer (VST): darum geht’s

Mit der Reform wollen Bundesrat und Parlament den Schweizer Finanz- und Werkplatz attraktiver machen. SP und Grüne haben das Referendum ergriffen. Sie kritisieren, dass mit einem Ja primär neue Privilegien für Konzerne und Grossanleger geschaffen werden. Daher kommt es zur Abstimmung.

Die Reform sieht vor, dass die VST auf Zinsen von neu ausgegebenen inländischen Obligationen abgeschafft wird. Zudem soll die Umsatzabgabe auf inländischen Obligationen aufgehoben werden. Von der Reform nicht betroffen ist das typische Bankkonto. Die VST soll sicherstellen, dass Steuerpflichtige ihre Zins- oder Dividendenerträge deklarieren. Für ausländische Anleger hat sie aber Nachteile: erstens ist die Rückforderung der VST aufwendig, und nicht in jedem Fall können sie den ganzen Betrag zurückfordern. Zweitens fehlen liquide Mittel, wenn sie auf die Rückerstattung der VST warten müssen. Unternehmen bringen deswegen Obligationen heute oft im Ausland statt in der Schweiz in Verkehr. Namentlich Standorte wie Luxemburg, Singapur oder auch die USA kennen keine VST und ziehen seit Jahren Geschäfte und Steuereinnahmen quasi aus der Schweiz ab. Aber nicht nur die grossen Konzerne, sondern die gesamte Volkswirtschaft profitiert von einem florierenden Kapitalmarkt. Die Reform kommt zum Beispiel ganz konkret auch öffentlichen Betrieben wie Energieunternehmen, ÖV-Betrieben oder Spitälern zugute. Und somit unter dem Strich auch den Steuerzahlern.

Fairerweise muss gesagt sein, dass die Reform möglicherweise kurzfristig zu begrenzten Steuerausfällen führen kann; mittel- und langfristig aber zu steuerlichen Mehreinnahmen. Denn der belebte Schweizer Kapitalmarkt wird einheimische Wertschöpfung und damit neue Steuerquellen schaffen. Innerhalb von fünf Jahren rechnet der Bund mit CHF 350 Mio. Mehreinnahmen jährlich. Innert zehn Jahren wachsen die Mehreinnahmen gar auf CHF 490 Mio. pro Jahr an. Anstatt zu polemisieren, müssten die linken Gegner eigentlich jubilieren. In Tat und Wahrheit bringt die Reform nämlich mehr Geld für den Staat.