03.11.2021, von Carl-Philipp Frank

Bekenntnisse eines Pendlers

Heute Morgen hat der Bund in einem Communiqué bekannt gegeben, dass der öffentliche Verkehr mit weiteren 215 Millionen Franken unterstützen wird. Für die pandemiebedingten Umsatzausfälle, versteht sich. Freilich, während des Lockdowns tat sich nicht viel im ÖV. Aber ganz ehrlich: Ich als Pendler hab’s genossen.

 

Ich pendle ein- bis zweimal die Woche von Kloten nach Bern und sonst nach Zürich. Da ich eine kleine Nachteule bin, ist die morgendliche Hinfahrt für mich von grosser Wichtigkeit. Da kann ich nämlich noch einmal gemütlich die Äuglein schliessen und “no es bitzli pfuuse”. Doch auch die Rückfahrt ist nicht ungenutzt: Verpasste Vorlesungen können nachgeholt, Skripte durchgelesen werden, oder im schlimmsten Fall gönne ich mir die eine oder andere Episode des neusten Netflix-Hits. Da bin ich natürlich nicht allein, viele Pendler nutzen die Zeit im Zug zum Arbeiten. Es bietet sich halt auch an, gell. Wäre schade um die Zeit.

Daher war für mich die Zeit der Massnahmen und des Zuhausebleibens äusserst angenehm. Die Wagen waren so wunderbar leer! Es gibt doch nichts Schöneres als ein leeres Viererabteil mit Tisch, ganz für sich allein. So herrlich viel Platz für alles – Jacke, Rucksack, Sandwich, Laptop, alles konnte ich einfach so auf den Sitz nebendran stellen, denn ich wusste ja, dass niemand zusteigen wird. Die Beine konnte ich strecken, so viel ich wollte, und dann erst diese Ruhe… einfach schön.

Jetzt, wo die Zustände und Zugbelegungen sich wieder eingependelt (haha gependelt, versteht ihr) haben, ist es aus mit dem Komfort. Die Wagen sind wieder voll und lärmig. Und ja, ich weiss, dass das Meckern auf hohem Niveau ist. Und Pendler-Alltag. Aber wenigstens ist jetzt gerade eine angenehme Saison: Zu warm für Skifahrer (lästig wegen ihrer Ski) und zu kalt für Wandervögeli (sehr lästig wegen ihrer Attitüde). Ich habe nichts gegen Wanderer, aber diese Ü-60-Wandergruppen tendieren dazu, dem ganzen Wagen in voller Lautstärke aus ihrem Leben zu berichten. Nein Petra, es interessiert mich nicht, ob Karin dir den Posten im Vereinsvorstand abknüpfen will. Aber ja, der Platz ist noch frei.

So, jetzt muss ich los. Zug fährt gleich.