12.02.2020, von Schweizerisches Konsumentenforum

Wollt Ihr den totalen Umsatz?

Der Lauschangriff hat begonnen! Die Spione sind in die Wohnung eingedrungen und horchen jeden aus. Die Rede ist nicht von der Chinesischen Regierung oder der ehemaligen DDR, sondern von digitaler Werbung, die immer mehr unser Privatleben verseucht. Geradezu lächerlich wirken die täglichen Bekundungen der Webseiten, verantwortlich mit unseren Daten umgehen zu wollen und diese nicht weiterzugeben. Dass die meisten Daten automatisch bei Google landen und der Internetriese wiederum die Daten munter weiterverkauft, damit man uns mit “kundenangepasster“ Werbung versorgen kann, steht in keiner Datenschutzbestimmung.

Ein Beispiel: Einmal die Woche treffe ich mich mit Freunden zum Kartenspielen. So auch kürzlich, als wir das Stich-Kartenspiel “Condottiere“ spielten. Auf der Heimfahrt erhielt meine Kollegin unerwartet einen Kaufvorschlag von wish.com für “Condottiere“ auf ihrem iPhone. Dies, ohne dass sie im Internet danach gesucht hatte. Es war ihr iPhone, welches während des Spiels auf dem Tisch gelegen und mitgelauscht hatte, das Wort “Condottiere“ aufschnappte, dieses an Google weiterleitete, Google seinerseits die Information an die chinesische Online-Plattform wish.com weitergab und diese wiederum meine Kollegin mit Werbung für “Condottiere“ belästigte!

Ich könnte nun an dieser Stelle Google oder wish.com kritisieren, aber das wäre wohl zu kurz gegriffen. Das übergeordnete Problem sind die begrenzten juristischen Möglichkeiten, dieses Vorgehen unterbinden zu können und der mangelnde politische Wille, dieser Werbeflut ein Ende zu bereiten.

Ist das der Gipfel des Neoliberalismus oder wird‘s noch schlimmer? Wollen wir den Totalen Umsatz? Könnte man allenfalls die Konsumenten durch Roboter ersetzen, damit diese für uns den ganzen absurden Werbe-Müll konsumieren und wir Menschen wieder etwas würdevoller und ungestörter leben können?

Sie finden diese Fragestellungen utopisch? Verständlich, schliesslich steht die Dystopie schon vor Ihrer Türe beziehungsweise blinkt in Ihrem Mail-Eingang. Oder ruft Sie an einem Samstagabend um 18.00 Uhr an und fragt Sie nach Ihrer Krankenkasse. Oder betreibt einen Lauschangriff auf Sie, während Sie mit Freunden Kartenspielen.

Dominique Roten
Konsumentenforum