«Ich habe ja nichts zu verheimlichen» – ja, und?
Egal, mit welcher Generation ich mich über das Thema Datenfreigabe und Datenschutz auf sozialen Netzwerken und dem Internet unterhalte, so höre ich ach so oft den Satz: «Ich habe ja nichts zu verheimlichen – sollen Facebook, Google und Co. meinetwegen meine Daten sammeln». Eine Dozentin von mir reagierte auf derartige Aussagen einmal prägnant mit einem Bild, worauf die Trennwände zwischen den Kabinen in einer öffentlichen Toilette durchsichtig waren. So sagte sie: «Ja, zu verheimlichen hat man ja auch auf der Toilette nichts – privat ist es trotzdem und keiner soll mich dabei beobachten können».
Über das Thema Algorithmen, Filterblase & Co. haben wir bei den Konsumhelden schon einige Artikel veröffentlicht – was aber geschieht, wenn Nutzer:innen-Daten bewusst missbraucht werden? Ich zeige dir hier anhand eines konkreten Beispiels auf, welche Konsequenzen ein Datenmissbrauch mit sich ziehen kann.
Eine Handvoll Daten
Facebook (heute Meta genannt – ich werde aber der Einfachheit halber weiterhin von Facebook sprechen) bot über seine Plattform eine App an («This is your digital life»), welche Persönlichkeitstests vollzog (Afriat et al., 2021, S. 115). Genutzt wurde die App von ungefähr 270’000 User:innen im Rahmen eines akademischen Projekts. Dies gewährte dem britischen Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica Zugriff auf die Facebook-Kontakte der Nutzenden und sammelte auch deren Daten – ohne deren Einwilligung. Gerne kannst du für dich einmal überlegen, wie viele Nutzer:innen-Daten darüber gesammelt wurden – die korrekte Antwort erwartet dich weiter unten.
Antwort: die Daten von 87 Millionen Facebook-Nutzenden wurden über die App gesammelt (Afriat et al., 2021, S. 115). Diese Anzahl ist das ungefähr 10-fache der Einwohnerzahl der Schweiz – eine ganze Menge, oder?
Widmen wir uns aber nun dem eigentlichen Missbrauch: Die gesammelten Daten verhalfen politisch zu einem Einfluss auf die US-Präsidentschaftswahl 2016 sowie die Brexit-Abstimmung im vereinigten Königreich (Fuller, 2019, S. 14; Rehman, 2019, S. 6). Die Tragik hinter einem derartigen Einfluss eines Unternehmens auf politische Ereignisse ist dabei wohl allen von uns klar. Facebook hat im Anschluss an diese Krise einige Massnahmen unternommen, wie die Deaktivierung des Datenzugriffs von Apps, die von Nutzenden über 3 Monate nicht geöffnet wurden oder die Einschränkung von Informationsvermittlung an Dritte. Dennoch wiederholen sich Datenschutz-Skandale in der Vergangenheit immer wieder.
Neuste Ereignisse um die Whistleblowerin Frances Haugen zeigen beispielsweise Facebooks Umgang mit Problematiken wie Hassrede, Falschinformationen, Extremismus oder Gewalt (Neue Zürcher Zeitung, 17.11.2021).
Als Fazit ziehe ich also (und ich hoffe, du tust es mir gleich): ja, ich habe wohl nichts zu verheimlichen – aber meine Datensammlung geht über mehr als den Chatverlauf mit meiner besten Freundin oder meinen Bildern auf Instagram hinaus. Auch wenn viele unserer Daten gefühlt unsichtbar gesammelt werden, so lege ich dir trotzdem ans Herz: sei vorsichtig damit, was du im Internet preisgibst und welchen Richtlinien du zustimmst.