23.06.2020, von Schweizerisches Konsumentenforum

Bundesrat Berset will Entschädigung von Versicherungsbroker verbieten

In der Schweiz lassen sich 9 von 10 KMU’s in Versicherungsanliegen von einem neutralen Versicherungsbroker, einem sogenannten ungebundenen Versicherungsvermittler, beraten und betreuen. Die Entschädigung für diese Dienstleistung, die Courtage, ist in den Verwaltungskosten der Versicherungsprämien eingerechnet. Damit der Kunde genau weiss, wieviel sein Versicherungsbroker verdient, muss dieser seine Einkünfte schon beim ersten Kundenkontakt transparent ausweisen, so will es das Gesetz. Linksgrüne Vertreter wollen diese Einkünfte besonders bei der beruflichen Vorsorge nun verbieten.

Dass dieser Schuss für die Konsumenten nach hinten losgehen könnte, interessiert die Politiker offenbar nicht. Ein Verbot von Brokercourtagen hätte nämlich weitreichende Folgen für die KMU’s und die in der beruflichen Vorsorge versicherten Personen. Trotzdem wurde der Gesetzgeber aktiv, und das ohne vorherige Anhörung von Berufsverbänden und anderen Interessensvertretern und entsprechender Vernehmlassung. Im Rahmen der Botschaft zur AHV-Revision wurde ein neuer Gesetzesartikel für die berufliche Vorsorge hineingeschmuggelt. Dieser gibt dem Bundesrat die Kompetenz, mittels einer Verordnung zu regeln, ob eine Vorsorgeeinrichtung für die Vermittlung von BVG-Verträgen den Broker weiterhin bezahlen darf oder nicht. Der schweizerische Gesetzgebungsprozess wurde mit diesem Vorgehen umgangen/ignoriert/mit den Füssen getreten….

Was sind die Folgen eines Verbotes von Brokercourtagen? Der Broker würde neu vom Arbeitgeber nach Aufwand honoriert. Nach dem Motto “Wer zahlt der befiehlt” würde künftig der Arbeitgeber die Richtung der beruflichen Vorsorge bestimmen. Ob es für eine ausgebaute Vorsorge, für die Beantwortung von Fragen und Anliegen der Arbeitnehmer reicht, ist vom Budget abhängig. Die Versicherer würden die eigenen Verkaufs- und Vertriebskanäle ausbauen, was die Verwaltungskosten erhöht und für die Konsumenten/versicherten Personen zusätzliche Kosten generieren würde. Vorsorgelösungen würden also nicht günstiger sondern teurer, da der Kunde für eine unabhängige Beratung zusätzlich eine Beratungsgebühr für den Broker bezahlen müsste. Die geforderte Systemumstellung dürfte somit gesamthaft zu Mehrkosten führen und das Ziel, die Berufliche Vorsorge für die Zukunft zu stärken verfehlen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer würden zudem die Konsumentenschutzfunktion (z.B. Wettbewerb zwischen den Anbietern, Transparenz der Angebote) des Brokers verlieren und dies würde besonders kleinere KMU treffen, welche selber über zu wenig Versicherungsfachwissen verfügen, um den benötigten Versicherungsschutz optimal zu gestalten.

In Skandinavien, wo vor Jahren teilweise Courtageverbote eingeführt wurden, hat sich die ungebundene Versicherungsvermittlung stark zurückgebildet. Die grossen Versicherer waren in der Lage, die Verkaufs- und Beratungstätigkeit auszubauen, ohne aber neutral zu beraten. Kleinere Anbieter blieben ohne Vertrieb durch Dritte auf der Strecke. Der effizienzfördernde Wettbewerb nahm ab. Profitiert haben nicht die Konsumenten, sondern die grossen Versicherungsgesellschaften.

Untersuchungen in England, wo seit 5 Jahren Vermittler für gewisse Produkte der Altersvorsorge keine Provisionen beziehen dürfen, haben gemäss Felix Hufeld, Präsident der deutschen Finanzaufsicht BaFin „erschreckende Ergebnisse“ gezeigt, man riskiere sozialpolitische Verwerfungen, wenn man die provisionsbasierte Beratung verbiete. Hufeld meint, „dass breite Bevölkerungsschichten von der Altersvorsorgeberatung faktisch abgeschnitten sind“, da sie die nach Aufwand berechneten Honorarkosten nicht begleichen können.

Die Forderung für ein Courtagenverbot für Broker reduziert deren Tätigkeit weg von einer umfassenden Arbeitgeber-/Arbeitnehmerberatung auf eine reine Beratung des Arbeitgebers auf Honorarbasis. Mit diesem Systemwechsel wird die im Versicherungsaufsichtsgesetz VAG Art. 40 ff. geregelte Tätigkeit der ungebundenen Versicherungsvermittlung verunmöglicht. Die Brokeraufgabe wäre neu eingeschränkt auf die reine Beratertätigkeit im Auftragsverhältnis (OR). Ein solch bedeutender Eingriff verstösst gegen die in der Schweiz verfassungsmässig garantierte Wirtschaftsfreiheit und hiesige Wettbewerbsrecht. Zudem stellt er eine Beschränkung der Vertragsfreiheit dar, die sich weder durch ein öffentliches Interesse rechtfertigen lässt noch verhältnismässig ist.

Konsumentenforum