MTI: für Konsumenten und Produzenten unsinnig!
Eine Schrecksekunde gleich zu Beginn: die allerersten Menschen waren Pflanzenfresser. Woran merken wir dies heute noch? Zum Beispiel beim Schluckmechanismus: tierische Fleischfresser können ihre Nahrung in großen Brocken hinunterschlingen, die Verdauung beginnt erst im Magen. Für Pflanzenfresser gilt dagegen: Sie müssen gut kauen, damit sie ihre Kost verwerten können. Ja, so war das damals, vor Hunderttausenden von Jahren, als die ersten Menschen von den Bäumen herunterstiegen, aufrecht gingen und die Steppen eroberten. Und dann ihren kargen Speiseplan erweiterten: um Fleisch.
Welche Konsequenz hatte das? Das Hirnvolumen der Fleischesser vergrösserte sich rasant. Dieses Hirn erlaubte es schliesslich, in der Menschheitsgeschichte ein ganz neues Kapitel aufzuschlagen. Man könnte kühn behaupten, ohne Fleischkonsum wären wir heute nicht in der Lage, um über die Massentierhaltungs-Initiative zu sprechen.
Doch über welchen Fleischkonsum sprechen wir? Über welche Haltung bei Nutztieren? Wir sprechen über Nutztiere, deren Bestimmung es ist, die Ernährung des Menschen mit einem qualitativ hochwertigen Eiweissträger sicherzustellen. So, wie wir vor Zehntausenden von Jahren entschieden haben, uns zu Allesfressern zu entwickeln. Sei es als Fleisch, als Ei- oder Milchprodukt: Rinder, Kälber, Schweine, Hühner und Lämmer haben in ihrer Funktion, als Nutztier, nicht den Anspruch, «herzig» zu sein, sondern zu guter Letzt als Produkt dem Konsumenten eine reichhaltige Auswahl in seinem Postikorb zu bieten und zu seiner Gesundheit beizutragen
Unbestritten ist, dass der heutige Konsument wissen will, woher die tierischen Produkte des täglichen Lebens und seines Vertrauens stammen. Traumatisierende Bilder von Ställen, die auch die Vorhölle sein könnten, geistern durch die Presse. «Ui, die armen, armen Tierli», mag der eine oder andere denken. Ja, solche Zustände sind schlimm. Unsere Gesetzgebung und das strengste Tierschutzgesetz der Welt sehen nicht vor, dass sich diese Zustände in Schweizer Ställen abspielen dürfen. Die Werbung hingegen zeigt uns ein ganz anderes Bild von offenbar glücklichen Tieren auf unbegrenzten grünen Weiden und Alpen. Beides entspricht nicht den Tatsachen.
Tatsache hingegen ist aber: jeder Landwirt ist daran interessiert, seine Tiere gesund und munter zu erhalten, denn dies schlägt sich direkt auf die Qualität der Produkte nieder. BTS und RAUS erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Biostandard bei der Tierhaltung hingegen stagniert seit einigen Jahren. Warum? Weil der Konsument ein ambivalentes Wesen ist. Er ist so lange für Bio, solange er nicht vor der Fleischtheke steht und bewusst die teurere Wahl treffen muss. Das Nischenprodukt Biofleisch, so wollen es die Initianten, soll nun aber Standard werden. Bei Annahme der Initiative verlieren alle Biofleisch-Produzenten ihr Alleinstellungsmerkmal – und auch die entsprechenden Bundeszuschüsse.
Und nicht nur das: gemäss Initiativtext müssen längerfristig auch Importe von Nutztier-Produkten dem Biostandard entsprechen. Dass damit gegen die WTO-Richtlinien verstossen wird, sei nur am Rande erwähnt. Als Kundin habe ich, im Gegensatz zu heute, bei Annahme der Initiative keine Wahlfreiheit mehr. Die logische Konsequenz wird sein, dass viele Konsumenten erst recht den Weg ins grenznahe Ausland unter die Räder nehmen. Für Fleisch, ein eher hochpreisiges Produkt, lohnt sich das dann allemal! Das kann doch nicht im Sinne der Initianten sein? Darum ein Nein zur MTI!
Eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz kommt zum Schluss, dass eine Annahme der MTI vor allem in der Geflügel- und Schweinehaltung zu einem erheblichen Rückgang der Produktion führen werde. Dies wird den Selbstversorgungsgrad in der Schweiz deutlich verringern. Das Ziel der Versorgungssicher-heit mit tierischen Produkten werde dadurch in Frage gestellt. Sollen die Bestände erhalten bleiben, verteuerte dies die Produkte auf eine unbezahlbare Höhe. Auch das kann doch nicht im Sinne der Initianten, die doch auch Konsumenten sind, sein, oder? Oder doch??
Es ist einmal mehr zu befürchten, dass es den Initianten gar nicht um das Tierwohl, um das es hier in der Schweiz nicht zum Schlechten bestellt ist, geht. Es geht ihnen längerfristig darum, uns, den Konsumenten, die wir schlussendlich ja alle sind, den Fleischkonsum zu verbieten. Dazu ist ihnen auch der Umweg über das Tierwohl recht. Sie appellieren gern an vermeintliche Gefühle. In der Landwirtschaft, bei der Nutztierhaltung sind Gefühle sehr wohl erwünscht, nicht aber Sentimentalität. Das ist ein grosser Unterschied. Das bin ich mir als leidenschaftliche Städterin bewusst, die Initianten hingegen sind es nicht. Die Initiative ist ein scheinheiliges Mogelpaket. Auch darum ein Nein zur MTI.
Und übrigens: vorgenannte Studie zitiert auch den sogenannten «Peak Meat», der ab 2025 prognostiziert wird. Er besagt, dass die 2% Ersatzprodukte von tierischen Erzeugnissen, die heute den Gesamtumsatz ausmachen, in der westlichen Welt, in Europa und Nordamerika, auf 11% in drei Jahren ansteigen werden, dies als unumkehrbarer Trend. Tendenz weltweit steigend. Haben die Initianten diese Studie gelesen? Da können sie doch entspannt zuwarten. Die Annahme der Initiative braucht es in diesem Fall schon gar nicht, da das Ziel ganz ohne Gesetzesänderung und Zwängerei erreicht wird. Daher ein kräftiges Nein zur MTI am 25. September.
Babette Sigg Frank