Der Gold Standard: Verliebt, verlobt, fairheiratet?
Schon Onkel Dagobert sang einst: „Gold und Silber lieb ich sehr, kann es gut gebrauchen, hätt‘ ich doch ein ganzes Meer, um hinein zu tauchen!“ Dass das Goldfieber nicht nur geizige Enten sondern auch Menschen befallen kann, ist seit tausenden von Jahren bekannt. Und so skrupellos wie Dagobert Duck gehen auch die Menschen vor, um an das Edelmetall zu gelangen. Bis heute. Es stellt sich für Konsumentinnen und Konsumenten die Frage, ob es überhaupt so etwas wie ethisch korrektes Gold gibt?
Weltweit sind über 100 Millionen Menschen direkt oder indirekt vom kleingewerblichen Bergbau abhängig. Im Gegensatz zum industriellen Abbau in Grossminen ist die Goldgewinnung im Kleinbergbau mit geringem Mechanisierungsgrad sehr arbeitsintensiv. Bei der harten Arbeit sind die GoldschürferInnen oft gefährlichen Bedingungen ausgesetzt. Sie verwenden beispielsweise giftige Chemikalien ohne Schutzvorkehrungen, womit sie ihre Gesundheit und die Umwelt gefährden.
Zwar werden zur Goldgewinnung nicht mehr ganze Völker wie zu Zeiten Pizarros ausgerottet, es werden heute aber immer noch Dorfbewohner vertrieben und Naturschutzgebiete zerstört, damit man sich in unseren Breitengraden die Liebe mit Gold beweisen kann.
Viele Mineure des Kleinbergbaus arbeiten heute oft illegal und ohne nötige Sicherheitsvorkehrungen zum Beispiel beim Umgang mit giftigen Chemikalien. Die finanziellen Verhältnisse der Arbeiter und Familien sind oft prekär. Es fehlt Bergbaugemeinden häufig an sanitären Einrichtungen und sauberem Trinkwasser, die Wohnverhältnisse sind sehr bescheiden und es gibt keinen oder nur begrenzten Zugang zu Schulbildung und Gesundheitsversorgunge.
Doch immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten denken vernetzt: Sie wollen Gold aus fairem Handel, welches nicht nur die Beschenkten glücklich machen soll, sondern auch diejenigen fair entlöhnt, die dafür gearbeitet haben. Es lohnt sich darum, bei den Labels genau hinzusehen. Schmuck, der beispielsweise dafür angepriesen wird aus recyceltem Gold zu sein, ist in der Gold-Branche überhaupt keine Besonderheit, sondern schlicht Alltag. Der Grund: Das wertvolle und seltene Gold wird kaum weggeworfen, sondern seit jeher eingeschmolzen und wiederverwendet. Deswegen fehlen auch klare Deklarationen, die über die Herkunft des Goldes Auskunft geben. Ausserdem stoppt das Recyceln von Gold den illegalen Kleinbergbau kaum und wird deshalb auch die Bedingungen für Mensch und Umwelt nicht verbessern.
Im Gegensatz dazu steht das Fairtrade-Gold von Max Havelaar, dessen Gütesiegel 2014 eingeführt wurde. Die Arbeitsbedingungen unter diesem Siegel tragen nachweislich zu besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen für die ArbeiterInnen und ihre Familien bei. Im Kaufpreis ist nämlich eine Fairtrade-Prämie enthalten, die die Weiterentwicklung ihrer Gemeinschaften auf sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Ebene ermöglicht.
Jemand, der sich mit Fairtrade-Gold auskennt, ist der Berner Goldschmiedemeister Jörg Eggimann, der Gelb-, Rosé-, Rot- und Weissgold aus fairem Handel einkauft und bearbeitet. Im folgenden Interview gibt er einen interessanten Einblick in die Gold-Szene.
„Beim Gold ist das korrekt: Ein grosser Teil des Gelb-, Rosé-, Rot- oder Weissgolds beziehe ich aus fairem Handel mit dem Max Havelaar-Siegel. Am liebsten würde ich nur fair gehandelte Rohstoffe verarbeiten – bei Platin und Palladium muss ich jedoch auf konventionelle Materialien zurückgreifen, da momentan noch kein Fairtrade-Angebot besteht.“
Das Fairtrade-Gold ist also, vom Standpunkt der Mitmenschlichkeit aus gesehen, ein ethisch korrekteres Gold. Wie sieht es bezüglich Umweltschutz beim Fairtrade-Gold aus?
„Das Fairtrade-Gold wird oft aus Gestein im Untertagebau abgebaut. Da es unmöglich ist, Gold aus Erzen rein ökologisch und ohne Chemikalien zu gewinnen, bestehen strenge Umweltstandards, damit der Abbau trotzdem verantwortungsvoll verläuft. Die unabhängige Zertifizierungsstelle FLOCERT kontrolliert die Einhaltung der sozialen und ökologischen Fairtrade-Standards entlang der gesamten Lieferkette von Max Havelaar. Dazu gehöre auch ich als Lizenznehmer mit meiner Werkstatt.“
Gibt es sonst noch Gold-Labels, die Sie mit gutem Gewissen anbieten?
„Nebst Fairtrade-Gold verarbeite ich seit 2008 sogenanntes “ÖkoFaires Gold“ der Stiftung EcoAndina aus der Provinz Jujuy im Nordwesten Argentiniens. Das Gold wird von der kleinen Bergbaukooperative durch Schwerkrafttrennung gewonnen. Dabei wird es in Form kleiner Nuggets in viel Handarbeit aus den oberen Schichten der Flusssedimente ausgewaschen. Die Gewinnung erfolgt ohne Einsatz von Quecksilber und Zyaniden. Dank den direkten langfristigen Handelsbeziehungen verbessern sich zudem die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Goldschürfer (Mineros) und ihrer Familien nachhaltig.“
Bieten Sie in Ihrer Goldschmiederei auch Brillanten an? Teile der Diamant-Branche sollen ja noch skrupelloser sein.
„Es ist richtig, dass es fast keine Diamanten aus fairem Handel gibt. Gleichwohl muss ich vertretbare Steine anbieten und beschränke mich dabei auf Diamanten aus Australien und Kanada, wo die Minenarbeiter nach westlichen Standards arbeiten. Diese Quellen haben momentan die höchstmögliche Transparenz bezüglich Herkunft. Ausserdem unterliegen diese Diamanten dem Kimberley-Prozess.“
Was genau ist der Kimberley-Prozess?
„Kimberley-Prozess bedeutet, dass ich mit dem Einkauf dieser Diamanten keine kriegerischen Handlungen und Konflikte mitfinanziere.“
Vielen Dank für das Interview, Herr Eggimann.
Über Jörg Eggimann
Als einer der Pioniere in der Gestaltung von Schmuck aus fair gehandelten Materialien in der Schweiz, kann Jörg Eggimann auf über 10 Jahre Selbständigkeit zurückblicken.
2010 wurde sein “Projekt “Fairtrade Schmuck“ sogar mit dem Swiss Ethic Award ausgezeichnet (Bild unten).