12.02.2025, von Schweizerisches Konsumentenforum

Basische Ernährung: Effektiv oder reine Geldmacherei?

Die Debatte um basische Kost und Basentabs ist hitzig und voller Kontroversen. Aber was sagt die Wissenschaft dazu? Kann eine bestimmte Ernährungsweise tatsächlich Übersäuerung und damit verbundene Krankheiten verhindern? Uwe Knop, evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler, nimmt Stellung zu diesen Fragen und räumt mit einigen weit verbreiteten Mythen auf.

Gibt es wissenschaftliche Beweise, dass basische Kost oder Basentabs der Übersäuerung des Körpers vorbeugen – und damit zahlreichen Krankheiten vorbeugen?

Nein. Es gibt bisher keine wissenschaftlichen Beweise, dass basische Kost oder Basentabs effektiv vor Übersäuerung und damit verbundenen Krankheiten schützen. Der menschliche Körper reguliert seinen pH-Wert sehr akkurat und engmaschig, und Nahrungsmittel haben, wenn überhaupt, nur einen sehr geringen, zeitlich begrenzten Einfluss darauf.

Kann ein gesunder Körper durch Ernährung überhaupt übersäuern?

Ein gesunder Körper ist absolut in der Lage, seinen pH-Wert im normalen Bereich zu halten – denn das ist überlebenswichtig. Das Blut ist normalerweise leicht basisch (daher der Hype mit Basenkost!) mit einem gesunden pH-Wert etwa zwischen 7,35 und 7,45, den unser Körper stets nahe 7,40 hält. Das ist auch essentiell, denn bereits eine geringfügige Abweichung entweder in den sauren oder aber noch basischeren Bereich würde zu schwerwiegenden Problemen führen. Daher verfügt unser Organismus über komplex vernetzte und mehrfach abgesicherte Puffersysteme (via Niere und Lunge), um relevante Schwankungen im Säure-Basen-Haushalt sofort abzufangen und auszugleichen. Es ist also quasi unmöglich, dass eine «säurelastige» Ernährung zur Übersäuerung führt.

Beeinflusst basische Ernährung denn den pH-Wert im Blut wirksam?

Nein, nicht in gesundheitlich relevanter Weise. Wenn überhaupt, kann der pH-Wert des Blutes nur marginal durch die Ernährung beeinflusst werden. Der Körper hat effiziente Mechanismen zur Regulierung des Säure-Basen-Haushalts, und Veränderungen im Blut-pH sind normalerweise das Ergebnis von ernsthaften Krankheiten. Hier helfen aber weder Basentabs noch Basenkost. Die von «Freunden der Basentheorie» gerne angepriesenen Basenpulver, -tabs oder sonstige Nahrungsergänzungsmittel bringen also keine Vorteile. Es sei denn, man verdient am Verkauf sowohl derartiger Produkte als auch themengleicher Bücher, Seminare und sogenannter Basencoachings. Das gleiche gilt im übrigen für Detox- und Entschlackungskuren.

Und was ist den Teststreifen, die oft Basentabs beiliegen, um zu beweisen, dass der Urin sauer ist?

Der pH-Wert des Urins kann tatsächlich nach dem Essen variieren. Dies liegt daran, dass bestimmte Lebensmittel zu Abbauprodukten führen, die den pH-Wert des Urins beeinflussen. Ein saurer pH-Wert nach dem Essen ist jedoch normal und nicht zwangsläufig gesundheitsschädlich. Der normale pH-Bereich des Urins hat einen breiten Spielraum, er liegt typischerweise zwischen 4,5 und 8,0, wobei 7,0 als neutral betrachtet wird. Der Körper reguliert den Urin-pH innerhalb dieses Bereichs, um den Säure-Basen-Haushalt aufrechtzuerhalten. Nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel, insbesondere proteinreicher Lebensmittel, kann der Urin saurer werden.

Gut zu wissen: Der pH-Wert des Urins korreliert nicht direkt mit dem pH-Wert des Blutes. Der Körper kann den Urin-pH unabhängig vom Blut-pH regulieren – und zwar, um einen gesunden Säure-Basen-Haushalt aufrechtzuerhalten. Ein vorübergehend saurerer Urin ist also überhaupt kein Grund zur Sorge oder gar «Basenintervention». Wenn jedoch über einen längeren Zeitraum ein deutlich abnormer Urin-pH beobachtet wird oder wenn dies mit anderen Symptomen einhergeht, dann sollte man zum Arzt gehen. In der Praxis werden Untersuchungen durchgeführt, um zugrunde liegende Ursachen zu ermitteln und festzustellen, ob weitere therapeutische Massnahmen erforderlich sind.

Bei welchen Menschen/Patienten kommt es tatsächlich zu einer gefährlichen Übersäuerung und was wir dann gemacht?

Tatsächlich kann es bei bestimmten Krankheiten wie Diabetes (diabetische Ketoazidose) oder Nierenversagen zu einer gefährlichen Übersäuerung kommen. In solchen Fällen ist sofortige medizinische Intervention überlebensnotwendig, um den Säure-Basen-Haushalt schnell zu stabilisieren. Die Behandlung kann Medikamente oder die Therapie der zugrundeliegenden Ursache(n) umfassen. Hier helfen aber weder Basentabs noch Basenkost.

Uwe Knop, Ernährungswissenschaftler