Ernährung & Psyche – kann man sich schlau und glücklich essen?
Über die Auswirkungen unserer Ernährung auf die Psyche ranken sich viele Mythen. Kann man sich schlau essen, und ist es möglich, schlechte Laune oder gar Depressionen «wegzufuttern»?
Haben Lebensmittel einen Einfluss auf die Psyche?
Ja, ausreichend Lebensmittel und genussvoll sättigende Ernährung haben definitiv einen Einfluss auf die Psyche – und zwar einen sehr starken. Das praktische Leben an sich zeigt, dass die Ernährung einen signifikanten Effekt auf die Stimmung und das emotionale und psychische Wohlbefinden hat. Denn eine ausgewogene Ernährung, die abwechslungsreich, frisch und von hoher Qualität diejenigen Lebensmittel und Mahlzeiten liefert, mit denen man sich genussvoll satt essen kann, hat folgende Wirkung: wir fühlen uns gut und zufrieden nach dem Essen – besonders dann, wenn wir das «wohlige Stöhnen aus der Tiefe des Bauches» spüren, nachdem wir mit grossem Hunger richtig gutes Essen geniessen konnten, das wir wunderbar vertragen.
Welche Lebensmittel fördern die geistige Leistungsfähigkeit?
Einzelne Lebensmittel, die gezielt unsere geistige Leistungsfähigkeit fördern, die gibt es nicht. Eine ausgewogene Ernährung, die die individuellen Bedürfnisse perfekt erfüllt, hat den grössten Einfluss sowohl auf die geistige als auch die körperliche Leistungsfähigkeit. Wer keinen Mangel oder Hunger leidet, gesund ist und sich intuitiv ernährt, der schafft die perfekte kulinarische Grundlage für bestmögliche Performance auf allen Ebenen.
Kann man sich schlau essen?
Nein. Auch wenn gerne mit vermeintlichen Superfoods und Besser-Esser-Hypes wie Low-Carb, Vegan oder Paleo dafür geworben wird: sich schlau(er) zu essen, das ist wissenschaftlich nicht erwiesen; es ist nicht mehr als ein Mythos. Das gilt übrigens auch für heranwachsende Kinder, deren Körper und Geist sich noch entwickeln. Daher lautet der Appell an alle fürsorglichen Eltern: lasst Euch nicht von gehaltlosen «Schlau-Ess-Versprechen» ins Bockshorn jagen. Genussvolles Sattessen mit frischen, hochwertigen und gut verträglichen (!) Lebensmitteln liefert das perfekte Fundament für schlaue Köpfe.
Lassen Sie schlechte Laune oder gar Depressionen
«wegfuttern»?
Nein. Es ist sehr wichtig zu betonen, dass man mit einer ausgewogenen, individuell passenden Ernährung allein keine Depressionen oder schlechte Laune wegfuttern kann – sei die Ernährungsform auch noch so «gesund». Das sogenannte «Emotional Eating» – also hungerfreies Essen aus Langeweile, Kummer, Traurigkeit – mag vielleicht kurzfristig guttun, hat aber keinen nachhaltigen Effekt, ausser dass man immer dicker wird, je öfter man die Seele mit hochkalorischem Futter tröstet. Da hilft auch keine Schokolade, obgleich sie ein gesundes Lebensmittel zu sein scheint. Besonders Depressionen sind komplexe Erkrankungen, die verschiedene Ursachen haben können, einschliesslich genetischer, biochemischer, psychologischer und Umweltfaktoren. Dementsprechend muss die Behandlung von Depressionen «multimodal» sein – d.h. sie erfordert oft eine Kombination aus psychischer Therapie, Medikamenten und
einem gesunden Lebensstil, der zu einem passt und guttut.
Uwe Knop
Diplom-Ernährungswissenschaftler