11.06.2024, von Ruth Dickenscheid

Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht

Gemäss Bundesratsentscheid traten anfangs Jahr Anpassungen in der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) und der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) in Kraft. Diese zielt auf eine Kostensenkung im Arzneimittelbereich ab. Dabei werden die Preise für Generika gesenkt, und gleichzeitig soll der Einsatz von günstigeren Generika gefördert werden. Um letzteres zu erreichen, kennen wir in der Schweiz schon lange den sogenannten differenzierten Selbstbehalt. Was sehr technisch klingt, ist aber recht einfach.

Verliert ein Originalprodukt das Patent, so kommen Generika auf den Markt. Diese sind bis zu 70% günstiger als das Produkt unter Patentschutz. Als Preisband für die Vergütung durch die Grundversicherung gilt, dass für Produkte mit einem Preis des günstigsten Drittels mit einem Selbstbehalt von 10% und alle darüber liegenden Produkte mit einem erhöhten Selbstbehalt vergütet werden. Somit muss der Patient eine höhere Selbstbeteiligung hinnehmen, wenn er ein solches Medikament verwenden will.

Dieser erhöhte Selbstbehalt wurde auf den 1.1.2024 von bisher 20% auf neu 40% erhöht. Ansonsten hat sich nichts verändert, auch die Deckelung für den Selbstbehalt beträgt unverändert 700 Franken.

Wenn ein Originalprodukt nach Patentablauf seinen Preis freiwillig auf das Preisband des günstigsten Drittels der Generika absenkt, entfällt korrekterweise auch der erhöhte Selbstbehalt, da ja keine signifikante Kosteneinsparung mehr möglich ist. Dies ist denn auch das, was in den überwiegenden Fällen passiert. Nur gerade 5.7% der kassenvergüteten Packungen werden mit einem erhöhten Selbstbehalt belegt.

Da die Originalhersteller ihre Preise freiwillig absenken, hat die Regulierung ihre Wirkung bereits entfaltet, denn egal, ob Original oder Generikum eingesetzt wird, es wird ein grosser Sparbeitrag geleistet. Für den Patienten ist es nicht mehr so zentral, ob ein Original oder ein Generikum abgegeben wird; weiter noch, es gibt durchaus auch Generika, welche einen erhöhten Selbstbehalt auslösen, da sie aus dem Preisband herausfallen.

Die Anpassung war sicherlich gut gemeint, aber die erfolgte Kommunikation war das Gegenteil. Denn die unglückliche Kommunikation des Bundesamtes für Gesundheit wurde von diversen Seiten so verstanden, dass ab 1. Januar 2024 alle neuen Originalprodukte 40% Selbstbehalt hätten und der Patient mehr bezahlen müsste.

Dies ist nicht nur falsch, sondern auch gefährlich, denn wenn durch ein solches Verständnis die bestehenden Originalprodukte aus dem Markt gedrängt werden, verlieren wir als Konsumenten und Patienten an Angebotsvielfalt. Damit wird der Preiswettbewerb kleiner und die Versorgungssicherheit sinkt: dies in einer Zeit, wo wir täglich lesen können, wie viele Medikamente nicht verfügbar sind. Auch gefährden wir den Standort Schweiz, denn ein Preis- und Qualitätswettbewerb nützt letztlich den Patienten.

Konsumentenforum kf

Zusammengefasst das Wichtigste in Kürze:

  • Nur in 5.7% der zugelassenen Packungen kommt der erhöhte Selbstbehalt zum Tragen. Dies sind meist selten verwendete Packungsgrössen.
  • Durch den neu erhöhten Selbstbehalt ändert sich für die allermeisten Patienten nichts, sie können die gewohnten Produkte weiterhin beziehen und bezahlen wie bis anhin 10% Selbstbehalt.
  • An der Gesamtsumme des Selbstbehaltes von 700 Franken ändert sich nichts.
  • Es gibt daher in den allermeisten Fällen keinen Grund, die bewährte Therapie zu ändern.