85% weniger Pflanzenschutzmittel dank Roboter
Der Kopfsalat ist nicht nur eine der beliebtesten Salatformen in der Schweiz, auch zahlreiche Unkräuter, Pilze sowie Schädlinge wie Blatt- und Wurzelläuse lieben die traditionelle Vor-speise. Damit unsere Kopfsalate immer nachhaltiger geschützt werden können, hat der Verbund der Schweizer Gemüseproduzenten VSGP) in Zusammenarbeit mit diversen Partnern 2018 ein innovatives Pilotprojekt gestartet: den kameragesteuerten Pflanzenschutzroboter.
Digitalisierung hält Einzug in Gemüsebau
Bereits heute werden im Gemüsebau sensorgesteuerte Hackgeräte eingesetzt. Diese dienen vor-wiegend als Herbizid-Ersatz und bekämpfen die Unkräuter mechanisch. Mit der Weiterentwicklung eines Hackroboters vom Typ Steketee IC (Bild oben) zu einem multifunktionalen Pflanzenschutz-roboter geht die Digitalisierung im Gemüsebau einen Schritt weiter.
Gezielte Besprühung von Kulturpflanzenreihen
Der von einem Traktor gezogene Roboter verfügt über eine integrierte Bilderfassung und -verarbeitung. Dadurch richten sich die Spritzdüsen so aus, dass die Kulturpflanzen erkannt und zielgerichtet und abhängig von ihrer Grösse behandelt werden. Das präzise Besprühen der Kulturpflanzenreihen macht es möglich, dass die noch kleinen Kopfsalate im frühen Ent-wicklungsstadium mit weniger Spritzbrühe behandelt werden als grössere Pflanzen im
späteren Stadium. Zudem bleibt die Fläche zwischen den Pflanzen unbehandelt.
Erfolgreiches erstes Testjahr
Der Pflanzenschutz-Roboter wird seit dem Frühjahr 2018 getestet. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend: Im Vergleich zu einer Behandlung mit einer Feldspritze konnten beim Kopfsalat im frühen Kulturstadium sagenhafte 85 Prozent an Pflanzenschutzmitteln eingespart werden – und diese ohne Wirkungseinbussen.
Durch die gezielte Behandlung der Pflanzen gelangen damit fast keine Pflanzenschutzmittel auf die Bodenoberfläche, was wiederum die Gefahr der Abschwemmung von Wirkstoffen in Ober-flächengewässer reduziert.
Damit können die Gemüseproduzentinnen und Gemüseproduzenten einen ressourcenschonenden, nachhaltigen Pflanzenschutz leisten, der den Boden und die darin lebenden Organismen schont. Dank der integrierten automatischen Hacktechnik konnte im Test komplett auf Herbizide verzichtet werden.
Die Arbeit geht weiter
Angesichts der über hundert verschiedenen Gemüsearten, den unterschiedlichen Ansprüchen an den Pflanzenschutzmitteleinsatz sowie der regional unterschiedlichen Anbaubedingungen sind die Entwicklung und die Praxiseinführung dieser neuen Pflanzenschutztechnik sehr aufwendig.
Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen sind zu prüfen, da der Pflanzenschutz-Roboter eine vergleichsweise geringe Flächenleistung und hohe Anschaffungskosten hat. Während der dreijährigen Projektphase wird nun der Einsatz in weiteren Gemüsekulturen getestet und die Anwendung in der Praxis laufend optimiert.
Nützlinge: Kleine Helfer der Natur
Seit vielen Jahren werden verschiedenen Kulturen diverse Nützlinge eingesetzt, beispielsweise bei den Geranien. Die natürlichen Helferlein schützen die Balkonpflanzen vor Blattlausarten, Blütenthrips und Spinnmilben.
Damit des Schweizers beliebteste Balkonpflanze farbenfroh strahlen kann, muss diese bei der Aufzucht geschützt werden. Viele verschiedene Schädlinge bedrohen zwar unsere Geranien, diese haben aber auch natürliche Feinde, sogenannte Nützlinge.
Eine Frage des richtigen Zeitpunkts
Die Nützlinge werden alle zwei Wochen vorbeugend auf unsere Pflanzen angebracht, bevor der Befall eintritt. Die Krux ist es, eine Population von Nützlingen aufzubauen, bevor sich die Schädlinge stark ausbreiten können. Allerdings ist eine regelmässige Ausbringung unerlässlich. Denn die Nützlinge verhungern, wenn noch keine Schädlinge vorhanden sind.
Ein Nützling allein reicht nicht
Zum Schutz unserer Pflanzen vor Blättläusen setzt man auf Schlupfwespen (Bild unten).
Da mehrere Blattlausarten existieren, müssen auch verschiedene Schlupfwespen eingesetzt werden:
– Florfliegenlarven sind Räuber und werden gegen Blattläuse, Thrips und Spinnmilben eingesetzt.
– Raubmilben dienen zur Bekämpfung von Thrips und Spinnmilben.
Um die Schlupfwespen auf ihren Einsatz vorzubereiten und eine schlagkräftige Population zu züchten, wird im Frühjahr eine offene Lauszucht betrieben. Dabei wird die Getreidelaus auf Getreidepflanzen ausgesiedelt. Die Schlupfwespen ernähren sich von diesen Läusen und können
sich vermehren.
Akribische Einsatzplanung
Damit der Einsatz der Nützlinge flächendeckend und systematisch erfolgt, muss deren Einsatz gut geplant sein. Ein systematisches Monitoring der Schädlinge ist die Grundlage für eine gezielte Bekämpfung, ebenso wie eine regelmässige Beobachtung der Schädlingsentwicklung.
Dank dieser Helferlein kann so in vielen Fällen auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichten werden und die Gefahr von Resistenzen bei Schädlingen nimmt nicht zu.
Ganz so einfach ist es (noch) nicht
So gut der Nützlingseinsatz ist: bei hohem Schädlingsdruck reicht er derzeit noch nicht. Insbesondere im Sommer gefährden Thrips und die weisse Fliege unsere Pflanzen massiv. Dann sind weitere Massnahmen notwendig. Die Kulturen werden mehrmals täglich mit Wasser besprüht und es müssen auch Pflanzenschutzmittel wie Insektizide und Fungizide eingesetzt werden, welche den Nützlingen möglichst nicht schaden sollten. Ein weiterer Nachteil von Nützlingen sind die hohen Kosten: Schätzungen zu Folge kosten Nützlinge zehn Mal mehr als Pflanzenschutzmittel.
Redaktionelle Bearbeitung: Dominique Roten
Mit freundlicher Unterstützung des Verbunds
der Schweizer Gemüseproduzenten VSGP
Das Schweizerische Konsumentenforum und der Verbund der Schweizer Gemüseproduzenten sind Partner und tauschen sich regelmässig aus. Das kf berücksichtigt insbesondere den Wunsch der Konsumenten, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft zu reduzieren.