Ein frühes Weihnachtsgeschenk von Spotify
Eigentlich mag ich es nicht, wenn Big Tech meine Daten aufsaugt und mich Schritt auf Tritt digital verfolgt. Ich wähle, wenn immer möglich, bei sämtlichen Online-Diensten stets die Option, bei der am wenigsten Code-Guetzli eingesetzt werden. Und gelegentlich lese ich sogar die AGB durch und entscheide mich dann gegen ein Einverständnis. Man will ja kein allzu offenes Buch sein.
Doch ein bestimmter Dienst darf von mir alles mitlesen, aufschnappen, mir nachspüren und meine Daten von mir aus bis ins nächste Jahrtausend aufbewahren, nämlich unser aller liebster Streamingdienst: Spotify. Denn Spotify gibt mir auch etwas zurück, nämlich das alljährliche «Wrapped». Immer gen Ende Jahr präsentiert Spotify seinen Nutzerinnen und Nutzern mit dem «Wrapped» eine individuelle musikalische Zusammenfassung des Jahres. Welche Songs habe ich am meisten gehört, welches sind meine Lieblingskünstler, welchen Podcast ziehe ich mir am häufigsten rein; die Klassiker der Statistik.
Aber «Wrapped» geht noch mehr ins Detail. So weiss ich nun, dass ich mit meinem Musikgeschmack wohl am besten in Aachen aufgehoben wäre, zumal der Durchschnittsnutzer dort wohl am ähnlichsten hört wie ich. Ganze 1’731 (verschiedene) Songs habe ich mir 2023 angehört. Wenn man bedenkt, dass das vor 20 Jahren noch rund 100 CDs gewesen wären, ist das dann schon recht viel. Und ich habe herausgefunden, dass ich zu den Top 5 Prozent der Fans der Filmmusik-Legende Hans Zimmer gehöre. Auch ganz nett.
Wie dem auch sei: das Interessanteste an «Wrapped» ist eigentlich nicht meine Statistik, sondern die meines Umfelds. Es ist nämlich ein (un-)Ding geworden, dass man seine Resultate über Soziale Medien teilt. Mein Instagram-Feed ist momentan voll mit den farbigen Statistiken – und mit Posts von Leuten, die sich darüber aufregen. «Das interessiert ja niemanden.»
Mich interessiert es aber ehrlicherweise sehr. Klar sollte man nicht von den musikalischen Präferenzen einer Person gleich auf den Charakter schliessen, aber sein wir ehrlich: Wir tun’s alle. Und solange man dabei nicht wertend vorgeht, ist ja alles ok. Da gibt es also die Menschen, deren meistgehörte Songs fast 1:1 mit den Chart-Hits übereinstimmen. Oder die langhaarigen Arbeitskollegen, deren Top-Genre Heavy Metal ist. Schocker. Aber «Wrapped» sorgt auch immer wieder für Überraschungen: So entpuppte sich, dass einer meiner langjährigen Bekannten, der Städter durch und durch ist und noch nie einen Stall von innen gesehen hat, gerne Ländler hört. Crazy, gell?
Zuletzt möchte ich hier noch ein Feature präsentieren, das Spotify erst dieses Jahr hinzugefügt hat. Nämlich werden einem nun auch noch Grussbotschaften der Lieblingskünstler angezeigt, in Videoform. Klar sind diese vorab aufgezeichnet und nicht auf mich persönlich ausgelegt, aber es hat doch etwas Berührendes an sich, wenn eine aufkommende Indy-Sängerin aus Bremen sich «bei mir» für die Treue bedankt und «mir» schöne Weihnachten wünscht.
Nun, vielleicht mag das Konzept von Spotify «Wrapped» etwas langweilig klingen, und vielleicht strahle ich gerade etwas viel Enthusiasmus für eine simple Statistik aus. Aber ich mag diesen informativen, unterhaltsamen und teilweise Überraschenden Gimmick einfach. Auch wenn meine Daten-Integrität dabei vor die Hunde geht.
Oh, und weil dies ja das letzte Magazin dieses Jahr ist: Die Konsumhelden wünschen euch ganz frohe Festtage 🙂