Telepharmazie: ein Meinungsbeitrag des kf in der NZZ
Telepharmazie fördern statt behindern: Kurz vor dem Black Friday und vor der Adventszeit erschien in der NZZ eine Reportage über die «Sisyphusarbeit in der Paketzentrale» (Ausgabe vom 15. November 2024). Noch dramatischer als der Haupttitel dieses lesenswerten Artikels war der Untertitel: «Illegale Waren aus dem Onlinehandel fluten die Schweiz – die Behörden reagieren mit Grosskontrollen». Was wir Konsumentinnen und Konsumenten den Mitarbeitern der Zollbehörden bisweilen zumuten, ist schon allerhand. Aber die Digitalisierung lässt sich weder umkehren noch aufhalten. Damit scheinen sich die Behörden schon abgefunden zu haben. Seit der Corona-Pandemie hat der grenzüberschreitende Online-Handel eine Dimension erreicht, dem schlicht nicht mehr beizukommen ist. Und ein Ende ist nicht abzusehen. So beschränkt man sich beim Zoll auf «Schwerpunktkontrollen» und hofft, mit Aufklärungsarbeit problematische Entwicklungen abwenden zu können.
Interessant ist: Spitzenreiter unter den illegal eingeführten Waren sind Medikamente. Illegale Arzneimittel werden am Zoll noch häufiger aus dem Verkehr gezogen als Waffen. Kein Wunder, rät Swissmedic dringend davon ab, Medikamente ausserhalb von legalen Kanälen zu bestellen. Man kann damit nicht nur seiner Gesundheit schaden, sondern riskiert unter Umständen sogar sein Leben, wie ein Beispiel im erwähnten Artikel zeigt. Das ist erschreckend, aber auch nicht ganz überraschend. Denn die Schweiz behandelt den Bezug von Heil- und Arzneimitteln per Internet im Vergleich zu Nachbarländern sehr zurückhaltend. Das Schweizer Heilmittelgesetz (HMG) verbietet die Onlinebestellung rezeptfreier Medikamente im eigenen Land, lässt diese im Ausland aber zu. Der Versandhandel von Arzneimitteln ist hierzulande nur möglich, wenn ein ärztliches Rezept vorliegt. Theoretisch gäbe es auch für Bürgerinnen und Bürger in der Schweiz die Möglichkeit, im Internet rezeptfreie, d.h. harmlose Heil- und Arzneimittel für den Alltag zu bestellen. Man müsste seinen Arzt bzw. seine Ärztin aber um ein Rezept bitten.
Den wenigsten ist diese widersinnige Regelung bewusst. Und wer davon hört, äussert in der Regel spontan die Meinung, dass dieses Verbot komplett aus der Zeit gefallen ist und sofort abgeschafft werden sollte. Zumal der Onlineversand von rezeptpflichtigen Medikamenten anstandslos funktioniert. Das ist auch der beste Beweis dafür, dass alle nötigen Kontrollmechanismen vorhanden sind, um den Missbrauch von Medikamenten zu vermeiden. Auch die Verträglichkeit bzw. Unverträglichkeit unterschiedlicher Mittel lässt sich online so verlässlich beurteilen wie in einer stationären Apotheke.
Die Einführung von E-Rezept und E-Medikationsplan bilden ein gutes Umfeld, um neben der längst etablierten Tele-Medizin auch auf dem Feld der Tele-Pharmazie endlich ein Stück vorwärtszukommen. Das erleichtert nicht nur das Leben von Patientinnen und Patienten, sondern dient auch einer flächendeckenden 24/7-Versorgung mit Heil- und Arzneimitteln aller Art bis in die entlegensten Gegenden. Mit der Digitalisierung tun wir uns im Gesundheitswesen bisweilen schwer, weil es herausfordernde Schnittstellen- und Datenschutzprobleme gibt. Für den Onlinebezug von Medikamenten ist aber alles vorhanden, um mit einer kleinen Massnahme einen grossen Effizienzgewinn zu erzielen.