02.07.2020, von Schweizerisches Konsumentenforum

Sollen öffentliche Plätze in der Schweiz rauchfrei werden?

Sollen öffentliche Plätze in der Schweiz rauchfrei werden? Darüber scheiden sich die Geister. Während es die einen begrüssen würden, dass auf Spielplätzen, Parkanlagen oder Promenaden nicht mehr geraucht werden darf, finden die anderen, dass ein solches Verbot zu weit gehen würde. 

Seit dem Jahr 2010 gibt es in der Schweiz ein Gesetz, das Menschen vor Passivrauchen schützen soll. Das heisst im Klartext: In geschlossenen Räumen darf nicht mehr geraucht werden, wenn sie öffentlich sind oder sich mehrere Personen darin befinden – beispielsweise am Arbeitsplatz. Ebenfalls nicht mehr gequalmt darf in öffentlichen Verkehrsmitteln. Seit 2005 ist dies nämlich verboten. Erlaubt ist das Rauchen hingegen in abgetrennten Raucherräumen, in Raucherbetrieben bis maximal 80 Quadratmetern, im Freien oder in privaten Haushalten. Auch an vielen Bahnhöfen darf noch geraucht werden. Die Frage ist, wie lange noch. Denn nach und nach sollen rauchfreie Bahnhöfe eingeführt werden.

Keine Kippen an Bahnhöfen

Einheitlich geregelt ist das Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen aber nicht. Das heisst, die Kantone handhaben es unterschiedlich streng. 66 Prozent der Schweizer Stimmbürger sprachen sich 2012 gegen die Volksinitiative «Schutz vor Passivrauchen» aus. Diese hatte zum Ziel, das Rauchverbot in der gesamten Schweiz auf ein einheitliches Niveau zu setzen – nämlich jenes der strengsten Kantone. Seither gibt es immer wieder Versuche, das Rauchverbot zu verschärfen. Die SBB beispielsweise testet rauchfreie Bahnhöfe, die Umstellung dazu soll demnächst abgeschlossen sein. Und im Tessin wird darüber diskutiert, Restaurantterrassen rauchfrei zu machen. Immer mehr Kantone wollen auch andere öffentliche Plätze zigarettenfrei sehen. Im Fokus stehen dabei häufig Spielplätze. Kinder würden durch Zigarettenrauch öfter krank, und gerade Babys und Kleinkinder können die weggeworfenen, giftigen Kippen hinunterschlucken.

Andere Länder, andere Sitten

Andere Länder sind im Hinblick auf das Rauchverbot an öffentlichen Plätzen strenger als die Schweiz. In Frankreich beispielsweise sind seit einigen Jahren sämtliche Spielplätze rauchfrei. Auch in vielen Bundesländern in Deutschland gehören Zigaretten nicht mehr in die Nähe eines Spielplatzes. In Dänemark gibt es bereits rauchfreie Strände. In Schweden darf an Bushaltestellen, in Strassencafés oder in Eingängen zu öffentlichen Gebäuden ebenfalls nicht mehr geraucht werden.

Manuela Bruhin
www.spicknews.ch

In “Pro und Kontra” äussern sich die Präsidentin des Konsumentenforums sowie die Leiterin Gesundheitsförderung und Prävention der Lungenliga Schweiz, Claudia Künzli, zum generellen Rauchverbot auf öffentlichen Plätzen:

PRO: Claudia Künzli, Leiterin Gesundheitsförderung und Prävention der Lungenliga Schweiz

«Die Frage, ob das generelle Rauchverbot in der Schweiz umgesetzt werden soll, ist nicht ganz einfach zu beantworten. Es geht nämlich nicht um ein generelles Rauchverbot, sondern um den Schutz vor Passivrauchen. Dort geht das Gesetz noch zu wenig weit. In der Gastronomie gibt es immer noch Ausnahmen. Auch an Sportevents ist das Rauchen nicht geregelt. Die SBB haben zwar das Rauchen auf Bahnhöfen eingeschränkt, aber die Lösung ist nicht befriedigend. In anderen Ländern ist beispielsweise das Rauchen in Autos verboten, wenn Kinder mitfahren. Es gibt noch viel zu tun. Da der Passivrauchschutz kantonal nur langsam vorankommt, übernehmen immer mehr Veranstalter und Gemeinden die Verantwortung und erklären Sportevents oder Spielplätze zu rauchfreien Zonen. Der Passivrauchschutz ist für Kinder und Jugendliche besonders wichtig, da deren Lungen noch nicht vollständig ausgereift sind. Daher empfehlen wir, auch auf das Rauchen in der Wohnung zu verzichten.»

KONTRA: Babette Sigg, Präsidentin Schweizerisches Konsumentenforum

«Ein schöner Tag für uns Nichtraucher war es, als das allgemeine Rauchverbot in öffentlichen Räumen wie Restaurants, Büros und Bahnhöfen umgesetzt wurde! Das war ein Gewinn an Lebensqualität. Rauchen schadet, das wissen wir alle; und am besten fängt man gar nicht erst damit an. Um Jugendliche zu schützen, gibt es diverse Massnahmen. Zum Beispiel Tabak-Werbeverbote in der Nähe von Schulen, in Kinos, im Fernsehen oder bei Sportveranstaltungen. Oder keine Abgabe von Tabakprodukten an Minderjährige. Das ist wichtig und richtig. Dass das Rauchverbot aber nun auch auf Orte unter freiem Himmel erweitert werden soll, geht zu weit. Denn es kann nicht sein, dass der Staat bis ins letzte Detail regelt, was für uns gut ist oder nicht. Wir tragen eine Verantwortung für unser Leben und unser Handeln. Es braucht verantwortungsvollen Umgang miteinander und Toleranz von beiden Seiten, dann sind zusätzliche Verbote überflüssig.»

Redaktionelle Bearbeitung: 
Dominique Roten