03.03.2021, von Schweizerisches Konsumentenforum

OFFENER BRIEF AN DEN BUNDESRAT (Versorgungsengpässe für Medizinprodukte verhindern)

Bei Medizinprodukten zeichnet sich ein Versorgungsengpass ab. Wir fordern den Bundesrat dringend dazu auf, keine Import-Hürden aufzubauen, welche die Gesundheitsversorgung der Schweizer Bevölkerung zusätzlich erschweren. Ein selbstverschuldeter Versorgungsengpass wäre nicht tolerierbar.

OFFENER BRIEF AN DEN BUNDESRAT (03.03.2021)

Sehr geehrter Herr Bundesrat Alain Berset

Wir – Ärztinnen und Ärzte, Spitäler und Kliniken sowie Heime, Patientenschützer und Industrievertreter – sind besorgt. Wir haben ein gemeinsames, übergeordnetes Interesse: Für uns ist die lückenlose Versorgung der Schweizer Bevölkerung mit qualitätsgeprüften Medizinprodukten absolut zentral. Als Gesundheitsakteure sehen wir es als unsere Pflicht an, uns für die Patientinnen und Patienten stark zu machen. Ihr Wohl und ihre Gesundheit stehen für uns an erster Stelle.

Unser Gesundheitssystem kämpft aktuell gegen die schlimmste Gesundheitskrise der letzten hundert Jahre. Insbesondere vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie muss sichergestellt sein, dass möglichst keine Versorgungsengpässe mit Medizinprodukten entstehen.

Wird das Mutual Recognition Agreement (MRA) zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) nicht vor dem 26. Mai 2021 aktualisiert, sind erhebliche Störungen der medizinischen Versorgung im EU-Binnenmarkt mit direkten Auswirkungen auf die Patientenversorgung in der Schweiz und der EU zu erwarten. Es ist uns bewusst, dass der Bundesrat die MRA-Aktualisierung und damit die Entschärfung des Problems nicht allein in der Hand hat, sondern auch die EU bereit dazu sein muss.

Umso wichtiger ist es, dass der Bundesrat die Regeln des Imports, die er mittels schweizerischer Medizinprodukteverordnung (MepV) unabhängig von der EU einseitig festlegen kann, zum Wohle der Schweizer Bevölkerung trifft. Wir erwarten vom Bundesrat, dass er mit der geplanten MepV keine Import-Hürden aufbaut, welche die Versorgung der eigenen Bevölkerung gefährden. Wir fordern, dass behördliche und administrative Auflagen minimiert bzw. die Anforderungen an die Etikettierung und an die Produkte-Dokumentation auf das Notwendigste reduziert werden. Darüber hinaus fordern wir eine Übergangsfrist von mindestens achtzehn Monaten zur Erfüllung der Vorgaben. Nur so haben die betroffenen Unternehmen genügend Zeit, den Import der Medizinprodukte zu organisieren
bzw. fehlende zu substituieren.

Branchenumfragen zeigen: Zu hohe Import-Barrieren führen dazu, dass jedes achte der heute in der Schweiz verwendeten Medizinprodukte nicht mehr verfügbar sein wird. Der Grund: Nicht alle ausländischen Hersteller sind bereit, zusätzliche Anforderungen einzig und allein für den kleinen Absatzmarkt Schweiz zu erfüllen.

Die Menschen in der Schweiz haben höchste Ansprüche an das Gesundheitswesen. Und das Gesundheitspersonal verfügt über ein sehr hohes Berufsethos. Deshalb wären selbstverschuldete Versorgungsengpässe in der Schweiz nicht tolerierbar.