11.06.2024, von babettesigg

Häsch mer en Stutz für’d Notschlafstell?

Unser Bargeld – nach wie vor ist es beliebt, aber immer weniger im Umlauf, denn während der Corona-Epidemie war das bargeldlose Zahlen ein Gebot der Stunde. Nicht wenige Konsumenten sind gleich dabei geblieben, mit Twint oder ApplePay und anderen simpel anzuwendenden Methoden kleine oder auch grössere Beträge des täglichen Einkaufs zu überweisen. Das weckt Befürchtungen, nicht nur bei denen, die in der Tat von kleinen Geldspenden oder aufgerundeten Franken, wie zum Beispiel im Gastgewerbe, (besser) leben. Foto: Stevepixabay

Progressive Kreise hingegen fordern schon seit längerem: «Weg mit dem Bargeld! Wir sind doch alle digital unterwegs!». Unser Bundesrat steht allerdings weiterhin zum Bargeld und hat dies auch verlauten lassen. Eine Studie, die er in Auftrag gab, zeigte denn auch ein klares Bild: obwohl viele die Annehmlichkeiten von bargeldlosem Zahlen schätzen und in Anspruch nehmen, will die Bevölkerung nicht gänzlich auf das Münz im Hosensack und die Nötli im Portemonnaie verzichten. Parlamentarische Vorstösse wie z.B. «Recht auf Bargeld» hingegen sollen nicht in die Verfassung aufgenommen werden. Dies, obwohl der Initiant des Vorstosses im Parlament der Meinung ist, dass Bargeld Freiheit bedeute. Doch seine Ratskollegen und der Bundesrat lehnten den Vorstoss ab, da die Befürchtung des Abschaffens unbegründet sei.

Unsere Bundesverfassung gewährt die Annahme von Bargeld in staatseigen oder staatsnahen Betrieben wie zum Beispiel Post und Bahn, dies ist die sogenannte Annahmepflicht. Denn das Zahlen mit demselben hat durchaus seine Vorteile: so schützt es einerseits die Privatsphäre, denn das Bezahlen mit Bargeld lässt keine digitalen Informationen über den Kunden und sein Kaufverhalten zu (kleine Notiz am Rande: leider machen sich das Kriminelle zunutze; Stichwort Geldwäsche). Andererseits schliesst es niemanden aus, denn auch in der Schweiz haben nicht alle einen Zugang zu einer Bankkarte und einem Bankkonto. So zum Beispiel die 270’000 Sozialhilfebezüger, die, da zuwenig Geldverkehr, von den Bedingungen für ein Konto ausgeschlossen sind. Aber auch ihnen muss der Zugang zu finanziellen Mitteln gewährt werden. Und last but not least: bei einem möglichen Stromausfall, auf den im letzten Winter von Bundesbern hingewiesen wurde und der ein Abheben am Bancomaten unmöglich macht, ist Bargeld Gold wert. Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass in Krisenzeiten Bargeldbesitz zunimmt. Kartenzahlung, vor allem einfache digitale Bezahlmöglichkeiten, können übrigens beitragen, dass Konsumenten in der Schuldenspirale gefangen sind.

Marktfahrer, Restaurants, Nagelstudios, Coiffeursalons, … sie alle sind frei, die Vergütung ihrer Waren oder Dienstleistungen bar oder bargeldlos einzufordern. Dazu reicht ein gut sichtbarer Hinweis, weitere Vorschriften sind unnötig. Warum? Die Konsumenten haben die Wahl, falls sie partout nicht einverstanden sind und können einen anderen Anbieter berücksichtigen. Bei Bahn und Post ist das ungleich schwieriger, um nicht zu sagen: unmöglich.

Was vielen nicht bewusst ist: auch Bargeld kostet! Der Bancomat muss unterhalten werden, Münzen müssen gereinigt, Noten aus dem Verkehr gezogen und neu gedruckt werden. Wer übernimmt diese Kosten? Die Bankkunden mit ihren Gebühren? Nein. Bis jetzt übernehmen die Banken diesen Service. Und aufgemerkt: je weniger Banknoten bezogen werden, umso weniger Bancomat-Standorte werden betrieben. Das treibt die Kosten in die Höhe. Ist die Bargeld-Infrastuktur erst einmal verschwunden, ist es schwierig, sie wieder aufzubauen.

Fazit: die Bevölkerung wünscht Wahlfreiheit, und diese ist gewährleistet. Somit wird es auch weiterhin möglich sein, einen Stutz für die Notschlafstelle bereitzuhalten!