07.01.2021, von Schweizerisches Konsumentenforum

Fauler Zauber bei Lidl

Das Konsumentenforum hat bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission Beschwerde gegen die in seinen Augen irreführende Werbung “Retailer of the Year Switzerland“ eingereicht. Nutzniesser dieses jährlich vergebenen Preises war der Detailhändler Lidl, welcher die Auszeichnung sechs Jahre in Folge erhalten hatte. Das Forum wirft Lidl vor, dass die Testrichtlinien nicht eingehalten würden und die Auszeichnung den Konsumenten suggerieren würde, es handle sich hierbei um eine neutrales Testverfahren, bei dem auch andere Detailhändler teilnehmen würden (was nicht der Fall war). Die Lauterkeitskommission hat die Beschwerde des Forums gutgeheissen. Doch lassen wir zuerst Lidl zu Wort kommen…

“Seriensieger“ Lidl äussert sich über die Preise wie folgt:

„Was für eine Ehre! In den Jahren 2016 bis 2020 erhielt Lidl Schweiz gleich fünfmal hintereinander die Auszeichnung «Retailer of the year», was soviel wie «Detailhändler des Jahres» bedeutet. Die Verbraucherbefragung, die 16 verschiedene Kategorien bewertete, wurde von der unabhängigen Q&A Research BV durchgeführt. Dieser Preis spiegelt die Gesamtleistung für die Kunden wider, darunter natürlich auch verschiedene Qualitäts-Aspekte. Lidl dankt Dir und allen anderen Kunden für den Rückhalt und das Vertrauen!“ https://darum.lidl.ch/qualitaet.html

Man könnte also meinen, Lidl hätte sich gegen alle anderen Detailhändler in der Schweiz durchgesetzt? Nein! Denn die anderen Detailhändler konnten gar nicht teilnehmen…

Das Schweizerische Konsumentenforum beanstandete folgende Punkte bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission:

1. Das Forum machte geltend, dass eine grosse Anzahl von Werbeaussagen zu beanstanden seien. Im Grundsatz gehe es aber immer um das Gleiche: Nämlich die Unlauterkeit des «Tests» und der Vergabe der Auszeichnung «Retailer of the Year Switzerland» mit dem entsprechenden Logo. Konkret beanstandet das Forum folgende Aussagen:

Werbung gegenüber Konsumenten mit dem Test
Gewinnerkommunikation «Die Verbraucher der Schweiz haben gewählt! ….»
Pressemitteilung (Die Wahl zum «Retailer of the Year Switzerland»
Aussage «…ist europaweit eine der grössten Verbraucherbefragungen…»).

2. In der umfassenden Beschwerdeschrift erläutert das Forum im Einzelnen, weshalb die beanstandeten Aussagen unrichtig sowie irreführend sein sollen und die Testrichtlinien der Lauterkeitskommission nicht eingehalten würden. Im Grundsatz machte das Konsumentenforum geltend, dass eine reine Meinungsumfrage nicht als Basis für die Kommunikation  dienen könne.

Lidl gibt  zu, dass es keine objektiven Testkriterien gibt. Es findet einzig eine Abstimmung bei den selber mobilisierten KonsumentInnen statt

Lidl seinerseits reagierte auf die Beschwerde mit einem Antrag auf Abweisung. Lidl berief sich darauf, dass «Retailer of the Year» kein Test oder Marketing-Research, sondern eine reine Wahl durch die teilnehmenden Konsumenten sei. Das sei ein dynamischer Prozess und die Lidl-Mitarbeiter würden ihre Kunden motivieren, an der Wahl teilzunehmen. Die Wahlen würden transparent und nach sechs differenzierten Aspekten durchgeführt. Zudem seien verschiedene Massnahmen getroffen worden, um die Seriosität der Wahlen sicherzustellen (z.B. nur eine Stimme pro E-Mail-Adresse). Da nur der Gewinner einer Kategorie eine Lizenz zur Nutzung der Logos etc. erhalte, sei diese nicht wie vorgeworfen käuflich.

Wie die Lidl selber ausführt, basiert die Auslobung «Retailer of the Year» nicht auf einem Testverfahren mit objektiven Beurteilungskriterien. Vielmehr findet demnach einzig eine Abstimmung bei den durch die fraglichen Marktteilnehmer selber mobilisierten Konsumentinnen und Konsumenten statt. Eine solche Abstimmung ist, wie Lidl zutreffend festhält, kein Test und es resultiert daraus auch kein Testresultat oder Ähnliches. In diesem Sinne sind sämtliche Anpreisungen oder Beschreibungen unrichtig oder irreführend, die einen anderen Eindruck erwecken.

Die Schweizerische Lauterkeitskommission heisst die Beschwerde des Konsumentenforums mit folgender Begründung gut:

„Eine alleinige Aussage wie «Retailer of the Year» und somit zum Beispiel auch das Logo vermitteln einen falschen ersten Eindruck eines Tests und müssen somit in offensichtlich erkennbarer Art und Weise klargestellt respektive präzisiert werden. In den Anpreisungen der Beschwerdegegnerin und auch in der vorgeschlagenen Kommunikation des eigenen Logos «Retailer of the Year» ist daher jeweils klar zum Ausdruck zu bringen, dass es sich um eine Kundenumfrage handelt und nicht um einen Test oder Ähnliches. Aus den genannten Gründen sind beispielsweise auch Behauptungen unrichtig und damit unlauter, welche den Eindruck erwecken, diese Auslobung «Retailer of the Year» gebe irgendwelche Anhaltspunkte zur Qualität des fraglichen Detailhandelsunternehmens. Aus einer reinen Abstimmung lassen sich keine objektiven Rückschlüsse zur Qualität des Unternehmens ziehen. Dafür bräuchte es die entsprechenden objektiven und unabhängigen Tests, welche den Testrichtlinien der Lauterkeitskommission entsprechen. In diesem Sinne ist die Beschwerde gutzuheissen.
Der Beschwerdegegnerin wird empfohlen, die Auszeichnung «Retailer of the Year» resp. die dazugehörigen Logos mit der klaren Erläuterung zu verbinden, dass diese Auszeichnung auf einer Kundenumfrage basiert.
Entsprechend wird der Beschwerdegegnerin empfohlen, diese Form der Kommunikation auch Ihren Lizenznehmern resp. Gewinnern der Umfrage aufzutragen.
Darüber hinaus wird der Beschwerdegegnerin empfohlen, jeglichen Eindruck zu verhindern, dass die Auszeichnung «Retailer of the Year» auf einem Testverfahren basiere oder einen Bezug zur Qualität der fraglichen Unternehmen habe.“

Zusammenfassend lässt sich sagen: Fauler Zauber bei Lidl!

Dominique Roten
Konsumentenforum