Diese Sammelstelle bleibt für immer geschlossen!
Eine parlamentarische Initiative fordert ein Pfand auf alle Getränkeflaschen und Getränkedosen. Bei einer Annahme würden die hervorragend funktionierenden Recyclingsysteme für Aluminiumdosen, Glasflaschen und PET-Getränkeflaschen ohne Not zerstört.
In der Schweiz konnte die Littering-Situation trotz Bevölkerungswachstum, steigendem “Unterwegskonsum“ und stärkerer Nutzung des öffentlichen Raums in den letzten Jahren stabilisiert und teilweise leicht verbessert werden.
Dies ist dem konstanten Einsatz von Städten und Gemeinden, der Sensibilisierungsarbeit verschiedener Organisationen unter Führung der IG saubere Umwelt (IGSU) sowie der verbesserten Entsorgungs- und Sammelinfrastruktur zu verdanken. Eine Studie des Bundesamtes für Umwelt zeigt: Zigarettenstummel, Take-Away-Verpackungen, Zeitungen etc. machen 87 Prozent des Litterings aus. Ein Pflichtpfand lässt das Litteringproblem folglich nicht, wie auch der Blick beispielsweise nach Deutschland zeigt.
Für Nora Steiner, Geschäftsleiterin von IGSU, ist Erreichbarkeit wesentlich: „Ob eine Verpackung gelittert wird oder nicht, hängt oft von der Nähe der nächsten Entsorgungsmöglichkeit ab – gerade im “Unterwegskonsum“. Eine konsumentenfreundliche Infrastruktur ist neben Sensibilisierung und Litteringbussen ein Bestandteil des bewährten Massnahmenmixes im Engagement gegen Littering.“
Städte und Gemeinden haben grosse Summen in Recyclinghöfe, Unterflurcontainer und Quartiersammelstellen investiert. Das Pfand würde den Materialstrom von den Gemeinden zum Detailhandel leiten. Städte und Gemeinden – und somit die Bevölkerung – würden dadurch Sammelstellenschädigungen in der Höhe von rund 30 Mio. Franken verlieren. Zudem würde die Sammlung der Glas- und Alu-Restfraktionen (Konfi-Gläser, Tierfutterschalen und Konservendosen) aufgrund des Pflichtpfandes gefährdet oder zumindest massiv verteuert.
Die grössten Verlierer eines Pfandes wären die Konsumentinnen und Konsumenten. Heute können leere Getränkeverpackungen fast überall zurückgegeben werden. Mit einem Pfand würde die korrekte Entsorgung massiv erschwert.
Denn um das Pfand zurückzuerhalten, müssten die Konsumentinnen und Konsumenten ihre leeren Getränkeverpackungen an die Pfandautomaten im Detailhandel zurückgeben. Diese 7‘000 Rückgabemöglichkeiten wären lediglich während den üblichen Öffnungszeiten im Detailhandel zugänglich. Alle Sammelstellen an den Bahnhöfen, in Schulen, Büros und Freizeitanlagen würden verschwinden. Lange Wege und Anstehen an Pfandautomaten wären die Folge. Besonders davon betroffen wären Berg- und Randregionen.
Schweizer Recyclingquoten sind Weltklasse
Die Schweizer Recyclingquoten sind ähnlich hoch oder sogar höher als jene von Pfandländern. Grund für die teilweise grossen Unterschiede zwischen den Länder-Quoten sind die unterschiedlichen Berechnungsverfahren. So misst die Schweiz ihre Recyclingmengen nach Sortierung, wenn alle Fremdstoffe bereits entfernt sind. Andere europäische Länder hingegen messen vor der Sortierung. Beim internationalen Quotenvergleich werden deshalb häufig Äpfel mit Birnen verglichen.
Pflichtpfand ist keine Mehrwegförderung
In Deutschland ist die Mehrwegquote seit Einführung des Pflichtpfands (2004) um 24 Prozent gesunken. Dies beweist: Das Pfand fördert den Mehrweg-Anteil bei Getränkeverpackungen nicht. Diese Erkenntnis hat das deutsche Umweltbundesamt bereits 2010 festgehalten.
Kostenexplosion durch das Pflichtpfand
Ein Pfandystem wäre über 3-mal teurer als die heutigen Recyclinglösungen, weisen Berechnungen des Bundesamts für Umwelt aus. Die Kosten würden von gegenwärtig 90 Mio. Franken auf 290 Mio. Franken steigen. Die Mehrkosten hätte die Bevölkerung zu tragen.
Das Pfand verhindert bessere Lösungen
Trotz der guten Ausgangslage wird in der Schweiz auf verschiedenen Ebenen weiter optimiert. Vom Design der Produkte bis hin zur sinnvollen Verwertung und dem nutzbringenden Wiedereinsatz des Rezyklats. Durch die einseitige Forderung auf die Sammlung bleiben wichtige Aspekte auf der Strecke.
Keine neuen Argumente für ein Pfand
Die heutigen Recyclingsysteme sind konsumentenfreundlich und liefern hohe Recyclingquoten, die mit den Quoten der besten europäischen Länder mithalten oder diese sogar betreffen. Deshalb haben der Nationalrat und die zuständige Kommission (UREK-NR) eine identische Pfandforderung bereits im Jahr 2013 klar abgelehnt. Seither wurden die erfolg- reichen Schweizer Recyclingsysteme weiter verbessert. Es gibt keine neuen Argumente, die für einen Pflichtpfand sprechen.
Konsumentenforum stellt sich gegen Pflichtpfand
„Die Schweiz hat das weltweit dichteste Sammelnetz für PET-Getränkeflaschen, Aluminiumdosen sowie Glasflaschen: 100‘000 Sammelstellen stehen den Konsumentinnen und Konsumenten zur Verfügung. Täglich kommen weitere dazu. Die Sammelstellenreduktion von heute 100‘000 auf 7‘000 mit Pflichtpfand wäre ein unerhörter Abbau der Kundenfreundlichkeit!“
Babette Sigg
Präsidentin Konsumentenforum