08.04.2025, von Ruth Dickenscheid

Die Baumwolle hängt an einem seidenen Faden – oder doch nicht?

Die Nachricht, dass die EU ein Verbot von Baumwolle einführen will, machen die Branche und die Konsumenten sprachlos. Nach kurzer Recherche kann allerdings festgestellt werden, dass diese Behauptungen der verschiedenen Online-Medien falsch sind und als Zeitungsente herumgeistern. Auf der offiziellen Website der Europäischen Kommission findet sich ein Artikel, der diese Behauptungen widerlegt. Es gibt weder eine EU-Gesetzgebung, die Baumwolle verbieten will, noch Pläne für die Zukunft, die dies vorsehen.

Warum steht gerade die Baumwolle in Kritik?

Die Geschichte der Baumwolle ist so alt wie die Menschheit selbst, denn Baumwolle wird seit Jahrtausenden in ganz unterschiedlichen Kulturräumen zur Herstellung leichter Kleidung verwendet. Heute sind die wichtigsten Baumwollproduzenten die Volksrepublik China, Indien, die USA und Brasilien. In Europa hingegen gibt es nur ein Land, das eine grössere Menge an Baumwolle produziert: Griechenland.

Baumwolle ist nicht nur für die Industrie sehr interessant, sondern auch für uns Konsumenten. Im Gegensatz zu synthetischen Materialien wie Polyester, Rayon, Nylon und Elasthan bietet Baumwolle ein angenehmes Tragegefühl und gilt daher als sehr hautfreundlich mit geringem Allergiepotential. Baumwollfasern quellen bei Feuchtigkeit auf und können bis zu 32% ihres Eigengewichts an Wasser aufnehmen. Daher eignet sich  Baumwolle auch für Sommerbekleidung; vor allem weisses Baumwollgewebe schützt den Körper vor Hitze und die Haut vor UV-Strahlung. Das Gewebe ist auch im nassen Zustand reissfest – kein Wunder, dass vor dem Einzug der Microfasertücher Baumwoll-Lappen in den Haushalten für Sauberkeit sorgten.

Die Schattenseite der Baumwolle

Trotz ihrer vielen positiven Eigenschaften hat Baumwolle auch eine Schattenseite. Hier stehen vor allem die ökologischen und sozialen Belastungen im Vordergrund, denn die Produktion von konventioneller Baumwolle verbraucht bis zu 11.000 Liter Wasser pro Kilogramm. Dieser hohe Wasserverbrauch ist vor allem in wasserarmen Regionen ein kritisches Problem. Zudem ist der Anbau mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden: der intensive Einsatz von Mineraldünger und Pestiziden verursacht nicht nur erhebliche CO₂-Emissionen, sondern belastet auch Böden, Wasserressourcen und die Artenvielfalt. Bei der Biobaumwolle wird auf den Einsatz von synthetischen Pestiziden verzichtet. Das sind Aspekte, die in der modernen Nachhaltigkeitsdiskussion eine immer grössere Rolle spielen.

Dass die derzeitige Situation der weltweiten Bekleidungsproduktion so nicht weitergehen kann, ist uns allen bewusst. Doch der Weg zu mehr Nachhaltigkeit besteht nicht darin, auf Baumwolle ganz zu verzichten, denn sie bleibt aufgrund ihrer zahlreichen positiven Eigenschaften unverzichtbar. Vielmehr sollten wir bewusst auf Kleidung aus Biobaumwolle setzen und dabei auch die Lebensdauer unserer Kleidung in den Fokus rücken. Denn die Nutzungsdauer spielt eine entscheidende Rolle für unseren ökologischen Fussabdruck. In der Schweiz werden neu gekaufte Kleider durchschnittlich nur zwei bis vier Mal getragen, bevor sie weggeworfen werden – ein alarmierender Trend.

Mit den folgenden Tipps zeigen wir Ihnen, wie Sie die Lebensdauer Ihrer Kleider verlängern und damit einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten können.

  1. Hohe Qualität: achten Sie beim Kauf neuer Kleidung auf hochwertige Textilien, die aus Biobaumwolle hergestellt sind. Vermeiden Sie nach Möglichkeit Kleidung aus Mischfasern, da diese einige Nachteile mit sich bringen: Unterschiedliche Fasern haben teils stark variierende Pflegeanforderungen, was die Instandhaltung erschwert. Darüber hinaus sind Mischfasern weniger recyclingfähig, da ihre Trennung und Wiederverwertung technologisch aktuell kaum möglich ist. Das kf-Mantra: lieber Qualität statt Quantität.
  2. Kleidung richtig Waschen: die richtige Pflege beim Waschen ist wichtig, um die Lebensdauer der Kleidung zu verlängern. Sortieren Sie Ihre Kleidung zunächst nach Farbe und Material. So vermeiden Sie Verfärbungen und schützen empfindliche Stoffe vor Beschädigung. Waschen Sie bei niedrigen Temperaturen; 30°C – 40°C sind in den meisten Fällen ausreichend. Vermeiden Sie aggressive Waschmittel, welche die Fasern angreifen können, und wählen Sie ökologische Alternativen. Empfindliche Kleidungsstücke wie Drucke oder Strickwaren vor dem Waschen auf links drehen, um sie zu schonen. Für feine Kleinteile ein Wäschesäcklein verwenden.Verzichten Sie nach Möglichkeit auf den Wäschetrockner: Er kann das Material schneller verschleissen lassen. Lufttrocknen ist schonender und spart Energie.
  3. Kleidung richtig lagern: die richtige Lagerung schützt Ihre Kleidung vor Schäden und verlängert ihre Lebensdauer. Bewahren Sie Ihre Kleidung in einem sauberen, trockenen und dunklen Raum auf. Helle und feuchte Räume können Verfärbungen und Schimmelbildung begünstigen. Für empfindliche Stoffe wie Seide oder Leinen sind breite, gepolsterte Kleiderbügel ideal, da sie die Form des Kleidungsstücks erhalten. Kleidersäcke eignen sich hervorragend, um saisonale Kleidung aufzubewahren und vor Staub und Schädlingen zu schützen. Zur Vorbeugung gegen Mottenbefall können Lavendelsäckchen oder Zedernholz verwendet werden. Sie sind nicht nur wirksam, sondern verleihen Ihrem Kleiderschrank auch einen angenehmen Duft.
  4. Kleine Flecken von Hand entfernen: Damit die Kleidung länger schön bleibt, sollten kleine Flecken sofort behandelt werden. Frische Flecken lassen sich leichter entfernen, eingetrocknete sind oft hartnäckig. Verwenden Sie milde Reinigungsmittel wie Gallseife oder Essigwasser, die die Fasern schonen und empfindliche Materialien nicht angreifen. Gehen Sie vorsichtig vor: Tupfen Sie den Fleck ab, anstatt ihn zu reiben, um den Stoff nicht zusätzlich zu strapazieren. Mit diesen einfachen Methoden halten Sie Ihre Kleidung länger in gutem Zustand.
  5. Bei Löchern selbst zu Nadel und Faden greifen: Viele Kleidungsstücke werden wegen kleiner Löcher oder fehlender Knöpfe direkt aussortiert. Obwohl mit zwei, drei Stichen der Knopf wieder dran und das Loch nicht mehr sichtbar wäre. Wir müssen anfangen zu normalisieren, dass nicht immer alles perfekt sein kann und dass man solche Kleinigkeiten selbst repariert oder zu einer der qualifizierten Änderungsschneidereien bringt. Siehe auch smgv/ussm.ch
  6. Kurse für das Upcycling von Kleidungsstücken oder japanische Flickkunst werden vermehrt angeboten. Aus alt mach’ neu! Auch online finden sich unzählige Ideen, wie alten Kleidern durch handwerkliches Geschick neues Leben verliehen wird. Und das Nullachtfünfzehnteil wird zu einem Einzelstück.

Wiederverwertung alter Kleidung: Wenn Sie Kleidungsstücke haben, die Sie nicht mehr tragen möchten und die für die Altkleidersammlung nicht mehr taugen, können Sie daraus Stofftaschen, Puppenkleider, Haarbänder, Katzenzelte oder Putzlappen machen – das kann eine gute Alternative zum Wegwerfen sein.