11.02.2021, von Schweizerisches Konsumentenforum

Ceci n’est pas une saucisse – führen vegane Burger in die Irre?

In der EU wehrt sich die Fleisch-Lobby gegen Bezeichnungen wie “vegane Wurst“. Sie wittern Konsumententäuschung. Eine Debatte, die auch in der Schweiz geführt wird.

“Ceci n’est pas une saucisse“ – das ist keine Wurst. Mit dieser Kampagne machen europäische Tierzucht- und Fleischverarbeiter aktuell Stimmung gegen “irreführende“ Namen von Fleischersatzprodukten.

Die Branche ärgert sich, weil die EU-Kommission Namen wie “vegane Burger“ oder “vegane Würste“ zulassen will. Mit der Duldung solcher Begriffe werde die Büchse der Pandora geöffnet, so der Vorwurf. Die Tierzucht- und Fleischverarbeiter befürchten langfristige Folgen für Konsumenten und Viehzüchter gleichermassen.

Unbestritten ist es für die Branche schwierig, wenn weniger Fleisch und mehr Ersatzprodukte konsumiert werden. Doch laut Jean-Pierre Fleury, Vorsitzender des Dachverbands der EU-Landwirte COPA-COGECA, gehörten auch Konsumenten zu den Verlierern: „Kunden werden absichtlich verwirrt, indem ihnen in der Werbung der Eindruck gemacht wird, dass die Substitution eines Produkts keine Auswirkung auf die Nährstoffaufnahme habe.“

Bund hat Richtlinien aufgestellt

Auch hierzulande sorgen Bezeichnungen von Fleischalternativen für heisse Köpfe. Argumentiert wird ähnlich wie in der EU. Ruedi Hadorn, Direktor des Schweizer Fleisch-Fachverbandes, forderte im Sommer: „Es braucht eine äusserst strikte Auslegung für die Bezeichnung von Fleischalternativen.“ Anders als in der EU ist man hierzulande bereits einen Schritt weiter. Kürzlich hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV ein Informationsschreiben zu Fleischalternativen publiziert.

Darin halten die Bundesbeamten fest, dass Aufmachung, Kennzeichnung und Verpackung der Produkte und die Werbung der Produkte die Konsumenten nicht täuschen dürfen. Und: „Imitationsprodukte dürfen unten.

Der Bund nennt gleich mehrere Beispiele: Nicht erlaubt sind Sachbezeichnungen wie “vegetarische Cervelas“ oder phonetisch ähnliche Begriffe wie “Vleischkäse“. Grünes Licht gibt der Bund hingegen für allgemeine Begriffe wie “veganes Filet“ oder “vegane Wurst“.

Bauernverband kann damit leben

Die Schweiz lässt Bezeichnungen zu, welche in der EU noch bekämpft werden. Der Schweizer Bauernverband kann damit leben. Sprecherin Sandra Helfenstein sagt: „Wir erachten diese Vorgaben als ausreichend, damit bei den Konsumenten keine Verwirrung entsteht.“ Bestrebungen wie in der EU gebe es nicht.
Allerdings dürfe auch hierzulande das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Denn nicht immer halten sich die Hersteller von Fleischersatzprodukten an die Vorgaben: Die kürzlich lancierte pflanzliche Fleischkäse-Alternative von Coop heisst “The Green Mountain Vleischkäse“, siehe unten.

Ob die Bezeichnungen die Kunden in die Irre führen, ist umstritten. Konsumentenforum-Präsidentin Babette Sigg sagt: „Eine Täuschungsabsicht unterstelle ich niemandem. Als verarbeitete Produkte liegen sie ja stets weit entfernt von der Fleischtheke.” Unter dem Strich wünscht sich die Konsumentenschützerin mehr sprachliche Innovation, was die Namen der Fleischalternativen angeht. “Wir sähen es gerne, dass man bei diesen Produkten nicht auf Bezeichnungen zurückgreift, die ersetzt werden sollen.”

Michael Bolzli
Nau.ch