Bio-Werbung: Bitte nicht tricksen!
Konsumenten verdienen korrekte Werbung. Bio Suisse wirbt aktuell mit dem Slogan «ohne chemisch-synthetische Pestizide». Die Aussage ist jedoch nachweislich falsch, da auch in der Bio-Landwirtschaft chemisch-synthetische Mittel zur Anwendung kommen. Konsumentinnen und Konsumenten werden mit der Werbekampagne getäuscht.
Die Bio-Landwirtschaft macht vieles gut und hat in Bezug auf gute Agrarpraxis und das Tierwohl positive Auswirkungen. Doch biologische Landwirtschaft ist nicht per se frei von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, wie das die aktuelle Werbekampagne von Bio Suisse vermittelt. Werbung darf überspitzen, doch wenn sie falsche Aussagen macht, ist sie unlauter.
Damit Konsumentinnen und Konsumenten optisch ansprechende und gesunde Landwirtschaftsprodukte kaufen können, sind Landwirtinnen und Landwirte oft auf Pflanzenschutzmittel angewiesen. Da präventive Methoden häufig nicht ausreichend Schutz vor Schädlingen bieten, ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden oft unerlässlich. Das ist auch in der Bio-Landwirtschaft der Fall, wo chemisch-synthetische Mittel zur Anwendung kommen.
Bio mit falschen Werbeversprechen?
Bio Suisse behauptet in einer aktuellen Werbekampagne, dass der biologische Anbau keine chemisch-synthetischen Pestizide verwendet – das ist jedoch nachweislich falsch. Werbung darf überspitzen, doch wenn sie falsche Aussagen macht, ist sie unlauter. Konsumentinnen und Konsumenten hätten das Anrecht auf korrekte Informationen, doch mit der aktuellen Werbekampagne werden sie getäuscht.
Korrekt ist: Wer nach Bio Suisse Standard produziert, darf ausschliesslich Pestizide – also Pflanzenschutzmittel und Biozide – einsetzen, die auf der diesjährigen Betriebsmittelliste des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau (FibL) aufgeführt sind. Zugleich werden bei besonderen Lagen immer wieder Spezialbewilligungen für den Einsatz von chemisch-synthetischen Mittel erteilt, beispielsweise wenn kein Bio-Pflanzgut verfügbar ist. Dann dürfen Bioproduzenten konventionell behandeltes Saatgut einsetzen.
Zahlreiche chemisch-synthetische Mittel im Bio-Anbau
Auch in der alltäglichen Bio-Landwirtschaftsproduktion kommen chemisch-synthetisch hergestellte Biozide zum Einsatz, so zum Beispiel Desinfektionsmittel, Holzschutzmittel, Mückenspray oder Insektizide gegen Hausameisen oder Milben. Viele dieser Produkte sind chemisch-synthetisch hergestellt und werden auch von Biobauern regelmässig eingesetzt. Besonders heikel wird es mit Blick auf den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutz-mittel, von denen Bio Suisse behauptet, dass sie im Biolandbau nicht eingesetzt würden.
Doch das ist nicht der Fall: Die im Bio-Pflanzenschutz zugelassenen Kupfersalze kommen nicht direkt aus der Natur, sondern werden synthetisch hergestellt. Auch Schwefel stammt nicht aus einer natürlichen Quelle, sondern wird synthetisch produziert. Ein Blick in die FiBL-Betriebsmittelliste (2024) zeigt: Unter anderem Kupferoxychlorid (Seite 64 ff.), Kaliumbicar-bonat (Seite 69 ff.) und Kaliseife (Seite 71 ff.) kommen auch in der Bio-Produktion zum Ein-satz. Hinzu kommt, dass zahlreiche Bio-Pflanzenschutzmittel Hilfs- und Zusatzstoffe enthalten, die ebenfalls chemisch-synthetisch hergestellt sind.
Werbung darf überspitzen, aber nicht irreführen
Fazit: Auch Bio ist auf chemisch-synthetische Mittel und Zusatzstoffe angewiesen mit dem Ziel, Schädlinge oder Pilze zu bekämpfen und die Ernte zu schützen. Alle Anwendungen des Pflanzenschutzes und von Bioziden, ob chemisch-synthetischen oder natürlichen Ursprungs, bringen potentielle Risiken mit sich, die durch den sorgfältigen Umgang minimiert werden können. Das gilt gleichermassen für in der Landwirtschaft wie im Privathaushalt eingesetzte Mittel. Umso mehr gilt es, auch in Sachen Werbung bei den Fakten zu bleiben und Konsumentinnen und Konsumenten nicht in die Irre zu führen.